Die Helvetischen Revolutionen

 

Der Begriff der „helvetischen Revolution“[1] ist nicht eindeutig definiert und wurde in der Vergangenheit von Historikern unterschiedlich verwendet; ab Ende des 19. Jahrhunderts stand er für die Vorbereitungsphase der Helvetik, aber mit unterschiedlicher zeitlicher Ausdehnung. Da die Umwälzungen in den einzelnen Orten zwar miteinander verschränkt waren, aber dennoch mit einer gewissen Autonomie abliefen, wäre die Plural-Bezeichnung „helvetische Revolutionen“ angebrachter.

 

Ereignisse

Genf darf als Vorbote der helvetischen Revolution betrachtet werden. Durch die aussenpolitisch exponierte Lage lag Genf im Spannungsfeld zwischen der französischen Aufklärung und dem konservativen Ancien Regime der Eidgenossenschaft. 1792 setzten die revolutionären Kräfte das Parlament ausser Kraft und 1794 wurde eine liberale Verfassung angenommen.[2] Basel erlebte eine ähnliche Wende. Zu den gewünschten Bürgerrechten nach französischem Vorbild kamen rund um Liestal noch antifeudale Forderungen der Landbevölkerung dazu. Es formierte sich eine Bürgermiliz, welche den Bürgermeister im 1798 zum Rücktritt zwang. Auf der neuen Verfassung ruhten grosse Erwartungen, welche allerdings mit der helvetischen Republik bereits wieder revidiert wurde.[3]

 

Ein Schlüsselereignis, nach einer Definition[4] gar den Abschluss der Revolution, stellte der Sieg französischer Truppen über Bern beim Grauholz am 5.3. dar. Der Fall Berns hatte schon im Januar mit den Unruhen im Waadtland und der Ausrufung der Republik Léman am 24.1. begonnen. Die Inner- und Ostschweizer Landsgemeindeorte leisteten auch nach der Proklamation der helvetischen Republik am 12.4. erbitterten Widerstand, dieser war aber mit der Kapitulation von Schwyz am 4.5. gebrochen.

 

Eine Revolution?[5]

Die helvetischen Revolutionen und der französische Einmarsch hatten in weniger als zwei Monaten das Ancien Régime beseitigt. Die Umwälzung war, zumindest im Vergleich mit den Ereignissen in Frankreich, relativ unblutig vonstattengegangen. Es sollte darum die Frage nicht ausser Acht gelassen werden, inwieweit die Bezeichnung als „Revolution“ überhaupt angebracht ist.[6]

Die Revolutionen in den einzelnen Orten liefen nach sehr unterschiedlichen Mustern ab. Sie lassen sich dennoch klassifizieren, in erster Linie nach den massgeblichen Akteuren und deren Zielen: Teilweise erfolgte die Umwälzung auf Druck von unten, wie in den Untertanengebieten oder auch im Waadtland oder in Zürich. Ziel war hier die politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung mit den Städten. Andererseits finden sich auch Fälle, wo die Obrigkeit selbst aktiv wurde- entweder Staatsstreichartig wie in Luzern, oder unter Einbezug der Landbevölkerung wie in Basel. In erster Linie standen dahinter die Einsicht in die Rückständigkeit des eigenen Staatswesens und der Wille nach einer Regeneration desselben. Es finden sich hierbei aber auch in letzter Minute angeordnete Alibiaktionen wie in Solothurn.

 

Sarah Baumgartner und Beat Hatz

 


[1] Vgl. Fankhauser, Andreas, Helvetische Revolution. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17217.php [24.03.2011]

[2] Böning, Holger, Der Traum von Freiheit und Gleichheit. Helvetische Revolution und Republik (1798-1803) - Die Schweiz auf dem Weg zur bürgerlichen Demokratie. Zürich 1998, S. 69-70.

[3] Ebd., S. 100-105.

[4] Strickler, Johannes, Die Helvetische Revolution 1798 mit Hervorhebung der Verfassungsfragen. Frauenfeld 1898.

[5] Ebd., S. 159-162.

[6] Für Basel: Manz, Matthias, Die Basler Landschaft in der Helvetik. Über die materiellen Ursachen von Revolution und Konterrevolution. Liestal 1991, S. 87-90.