Glarus (Transkription Nr. 559)

Schulort: Glarus
Konfession des Orts: gemischt konfessionell
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1449, fol. 4-11v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Linth
Distrikt 1799: Glarus
Agentschaft 1799: Glarus
Kirchgemeinde 1799:
Ort/Herrschaft 1750: Glarus
Kanton 2015: Glarus
Gemeinde 2015: Glarus
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Glarus (Niedere Schule, reformiert)

BEANTWORTUNG, DER VORGELEGTEN FRAGEN, ÜBER DEN ZUSTAND MEINER SCHULE VON DEM DERMAHLIGEN LEHRER S. STEINMÜLLER, IM HAUPTFLECKEN GLARUS. CANTON LINTH. REFORMIERTER RELIGION.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Die Schule wird in Glarus, fast Mitten in dem Haupt flecken gehalten. Glarus, ist eine eigene große Gemeine, und der Haupt Ort vom District Glarus, im Canton Linth.
Die Haüser des Hauptfleckens Glarus sind nache beysamen gebauet; die Kinder die in selbigem wohnen, haben also keinen weiten Schulweg zumachen.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?
I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?
I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?
I.1.d In welchem Distrikt?
I.1.e In welchen Kanton gehörig?
I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

||[Seite 2] Einige Haüser von ENNENBÜHLS, einem kleinen Dörfchen, das eine viertelstund von Glarus entfernt ligt, haben auch das Recht ihre Kinder zu mir in die Schule zuschicken. Dieser kleine Tagwen ist dem Tagwen Ennenda einverleibet besteht aus etlichen 30. Haüseren, wovon vor einigen Jahren, bey Erbauung einer neüen Kirche in ENNENDA, einige Haüser sich {auch} zu selbiger Gemeine mit Kirch- und Schul Recht gesellet haben. Die Anzahl der Kinder die von daher in meine Schule kommen, belauft sich aber selten über 15. à 20. Auch
Der kleine TAGWEN RIEDEREN, der unserer Gemeinde Glarus, mit Kirchen- und Schul Recht ganz einverleibet ist, und eine viertel Stund von Glarus entfernet ligt, schickt von daher etwann 15. Kinder in die Schul, und besteht aus etlich und 30. Haüseren.
Nettstall, eine halbe Stunde von Glarus, ist eine eigene große Pfargemeinde, und hat auch das Recht ihre Kinder hieher in die Schule zuschicken, weil Glarus ihre Muter Kirche ware. Da ||[Seite 3] diese Gemeinde nunmehr aber einen eigenen Pfarrer, und Schulmeister hält, kommen selten mehr Kinder von daher in meine Schul; gegenwärtig zähle nicht über Achte.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.
I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Entfernet-benachbarte Schulen auf eine Stunde sind Folgende
ENNENDA, ligt eine viertel Stund von Glarus, gehörte zur Muterkirch nach Glarus, hat nun aber einen eigenen Pfarrer und Schulmeister.
MITLÖDJ, ligt eine halbe Stund ob Glarus, auch vorhin zur Muterkirch nach Glarus gehörend, hat nun einen eigenen Pfr. und Schulmeister.
NETTSTALL, Eine halbe Stund unter Glarus, auch vorhin zur Muterkirch nach Glarus gehörend, hat einen Pfr: u. Schulmeister, sich über das Schulrecht nach Glarus immerhin beybehalten, wie vorhalb angemerkt habe.
SCHWANDEN, ligt eine Stund ob Glarus, ist eine ||[Seite 4] große Gemeine, hält 2. Geistliche, und 2: Schulmeister.
MOLLIS, ligt eine Stund unter Glarus, auch eine zahlreiche Gemeine, hält 2. Geistliche, und einen Schulmeister.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Meine Schule ist eigentlich für Schulkinder untererund mittlerer Claße bestimmt, worinn ich sie daher gedrucktes und geschriebenes buchstabieren, und lesen, und schön und correct schreiben lehre. Ersteres geschicht Vormittags, lezteres Nachmittags. Vorzüglich aber nehme ich bey allem Rucksicht auf die Entwicklung und Ausbildung ihres Verstandes und Seelenkräfte, und alles was ich mit ihnen durchlese, erkläre ich ihnen auch. Zur Üebung und Stärkung ihres Gedächtnißes, müßen Sie mir nicht nur die Catechismus-Fragen (welches unsere Geistliche forderen) sondern vorzüglich allerley ermunternde- und lehrreiche Lieder, und Gedichte aus wendig lernen. Mit denen geschicktesten 15. Knaben ||[Seite 5] und 20. Töchteren habe ich aber alle Donnstag Nachmittags allein eine eigene Schule, die vorzüglich wohlthätig für sie ist; wo ich Jhnen etwas in die Feder dictiere, als z. Ex: Eine Geschichte, ein Brief, oder über etwas nach denen zeit Umständen etc. Das dictierte wird dann exact corrigiert, und Freytags darauf in ein eigenes Schreibbuch wieder rein und schön abgeschrieben. Auf Schreibe- Liederlichkeits Fehlere, habe ich eine kleine Geldbuß gelegt, die dann wieder unter alle, oft auch nur unter die vorzüglich Fleißigen austheile und auslose. Dictiere ich ihnen nicht; so müßen Sie mir etwas aus dem Kopf schreiben; Als z. Ex. Namen von Länderen, Stätten, Orten, Beammteten, Haüseren, Handwerken, Hausgeräthen; was zu dem oder jenen Handwerk für Werkzeüge, für Materialien {erforderet werden etc.}; Oder, zur Prüffung ihrer Denkkraft, was ist das gegentheil vom Guten? — Das gegentheil von der Tugend? etc. etc. Diese obbenannte Anzahl Kinder müßen auch alle Montag sich im Latein schreiben üben.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schulen werden im Sommer und Winter ununterbrochen, alle Tage, gehalten; Ausgenom-||[Seite 6] men an Markt- und Feyertagen, deren aber wenige sind. Von Vacanz- Wochen wußte man in unserem Land, weder im Frühling, Sommer, noch Herbst niemahlen etwas.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Das so genannte Geistliche Opfer Buch, und anderen Producte der grauen Vorzeit sind nun beynache völlig aus meiner Schule verdrängt, und anderen Stelle ist neben dem zürcher, und Osterwalds CatechißmusBuch, Gellerts Gedichte, und C: Millers Biblisch: Historien, meines Sohns Pfr Steinmüllers Lesebuch, für SchulKinder in mitlerer Claße, allgemein eingeführt; Auch haben einige ältere und geschicktere Schülere, noch andere schickliche Bücher zum lesen, als Briefstellen etc. jedoch sind an diese durchaus nicht alle Schüler gebunden — Jch wünschte mir für die Obersten noch oft ein Schulbuch, worinn mehrere Briefe, Aufsäze, Geschichten etc. enthalten wären.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Jedes Kind hat seine eigene von mir geschriebene größere- oder kleinere Vorschrift, von verschiedenem, nüzlichem- und wißenswürdigem Jnnhalte. Von zeit zu zeit wechßlen die Kinder mit ||[Seite 7] diesen unter sich ab, und werden so nach und nach mit allen bekannt.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Schon um 7. Uhr morgens früh, ja im Sommer um 6 1/2: Uhr kommen {die} Kinder {in die Schul} wo ich von 7. bis 11. Uhr Vormittags, immer in einer unaufhörlichen Beschäftigung mit Jhnen bin, wie auch Nachmittags von 11 1/2. Uhr, bis 2. à 2 1/2- Uhr, nachdem die Anzahl groß ist.
Von 10. bis 11. Uhr Vormittags, widme ich mich ganz denen entfernten Kinderen von Ennenbühls, Riederen und Netstall noch allein, die als dann auch schreiben müßen, und Nachmittags selten mehr kommen; auch laße ich die kleinere Schüler, die noch nicht schreiben, Vor und Nachmittags, eine Stunde früher, als die übrigen nach Haus.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Alle meine Schüler sind in {2:} Claßen eingetheilt, a: Jn solche die buchstabieren, und lesen, und noch nicht schreiben können, und
b: Jn solche, die lesen, und schreiben zugleich lernen. Die Anfänger im schreiben; schreiben in 8 °, die geübteren hingegen, in 4 °

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

||[Seite 8] Die Schul Gemeine in GLARUS besezt diesen Dienst durch freye Wahl.

III.11.b Wie heißt er?

Mein Name ist Jacob Steinmüller, Bürger von Glarus. 55. Jahr alt, habe 6. Kinder, bin auf diesem Dienst seit Anno 1792. auch von Jugend auf, von meinem Vater dahin bestimmt, und vorbereitet worden. Schon 150. Jahre lang succedierte in dieser Stelle in einer ununterbrochenen Reihe der Sohn auf den Vater. Jch bin nun der 5te von diesem Geschlecht. Jm 18. Jahr meines Alters, kam ich als Hauslehrer zu einer Adelichen Famille, die ein K. K. Eisenwerk im Pacht hatte. Drey Jahr bekleidete ich diese Stelle, und da im lezten Jahr mein He: Principal sturbe, und ich bey seinen Lebzeiten zugleich die Rechnungs-Bücher, von denen Laboranten, als ein zeitvertrieb führte, in denen Nebenstunden mein vergnügen an denen BergwerksGeschäften fande, und die gedoppelte Buchhaltung erlernte; so bote mir die hinterlaßene Fr: Wittwer, unter vortheilhaften Bedingnisten die Direction über das Bergwerk, nebst der Buchhaltung zu führen an. Jch entsprach ihrem Verlangen, und vesah auch diese ||[Seite 9] Stelle 7. Jahre lang, bis zu Ende der Admodiations zeit; Als dann kehrte {ich} Anno 1771. (um den Wünschen m. l. Eltern zuentsprechen) wieder zurück in mein Vaterland, und schluge zu meinem Schaden, andere mir angebottene vortheilhafte Bedienungen aus. Nachdem mich hier gesezt hatte, gabe ich mich ganz mit dem Unterricht der Jugend ab; ich hielte eine Privat Schul, und immer 5. à 6. Pensionairs, von fremden Orten her, darzu; denen im schreiben, rechnen, in der Historie, Geographie, Auch einigen in der Music, im Latein- und französischen Unterricht ertheilte. Me Geliebte Mitbürger aufmerksam auf meine Bemühungen, den Nuzen davon einsehend; fanden endlich gut, noch eine zweyte Schule hier zuerrichten; worinn eben dasjenige gelehrt werden solle, was ich bis dorthin gelehrt hatte. Sie erwählten mich zu diesem Endzweck Anno 1783. einmüthig zu ihrem ersten Lehrer, ich entsprach ihren Wünschen, wiewohl mit einem geringen Gehalt; versahe denselben Dienst bis Anno 1792. bis zum Tode meines l. Vaters wo dann einträglicher für mich fande, diesen Dienst anzunehmen, und auch von der Gemeinde einhel-||[Seite 10] lig darzu erwählt wurde. Als ein Beweis, daß ich glauben darf, die Gemeinde seye mit dieser Wahl zufrieden, sey mir vergönnet hier noch anzumerken; daß, nachdem Sie nach Verfluß eines Jahrs eingesehen hat, wie eine gänzliche Reform mit meiner Schul vorgenommen habe, viel mehr leiste, als mir angedinget worden; Sie mir also gleich von selbst, zum Beweiß ihrer zufriedenheit, und Ermunterung meines Fleißes, noch jährlich für lebenslang fl. 100. zur Besoldung beylegten, und aufbeßerten.
So wie man übrigens behauptet, daß dasjenige, was man den Kinderen in der Jugend mit Nachdruck einzuschärfen- und beliebt zumachen, suche immer tieffen Eindruck in ihren Gemütheren zuhaben pflege; das erfuhre auch ich. Jch konnte bey allen anderen Geschäften, den Hang zum Unterricht nicht fahren laßen; auch auf dem Bergwerk gestattete ich denen Laboranten Kinderen, bey müßiger zeit, freyen zutritt zu mir, und gabe ihnen unentgeltl. Unterricht im schreiben, und lesen. Jn dieser Rücksicht waren daher die Schriften über das Schul- und ||[Seite 11] Erziechungswesen, von Weiße, Campe, Rasewiz, zerrenner, Junker, u. a. immer mein Lieblings Lecture, und ich suchte mir ihre Lehren bekannt zumachen, u. solche im praktischen anzuwenden, oder mit meinen Erfahrungen zuvergleichen.

III.11.c Wo ist er her?
III.11.d Wie alt?
III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?
III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?
III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?
III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Neben verrichtungen, habe ich während der Schulzeit im geringsten keine, die Geschäfte würden auch keine gestatten; nach meiner geendeten Schul Arbeit aber finde ich mein vergnügen in Führung einer Buchhaltung, und Correspondenz, bey einer Apotheck, die mit einem Associé gemein habe.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?
III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Die Anzahl der Schul Kinder sind gegenwärtig Mägdchen 120. & Knaben 100. Worunter 80. Kinder noch nicht schreiben.
Bey so großer Anzahl kommen freylich nie alle Kinder in die Schul; sonst wird die Schul, in Sommer- und Winterszeit beynache gleich fleißig besucht. Die entfernten Kinder kommen im Sommer fleissiger, als im Winter. Wegen theürer zeit, werden aber wirklich dermahlen, die Knaben früher aus der ||[Seite 12] Schule genohmen, als vormahls. Sie sehen sich genöthigt schon früh Nahrung in denen Fabriken zusuchen. Die Mädchen werden fast beßer geschulet, als jene. Dieses versteht sich aber auch nur von Leüten, ärmerer Claß.
Bey so vielen Kinderen, muß mir auch eines von meinen erwachßenen Kinderen beständige Hilfe leisten, und gleichsam Provisors Stelle vertretten.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)
IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

Die Gemeine hat ein eigen Schulgut zusamen gelegt: und gestiftet, dieses beträgt wirklich an Capital fl. 14700 und wird jährlich verzinset. Neben Stiftungen sind sonst keine

IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?
IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Ein jedes Kind soll jährlich dem Schullehrer 4. zürich Bazen, als ein Beytrag für Holz bezahlen, weiters kein Schullohn.

IV.15 Schulhaus.

Das Schulhaus, ist ein großes, altes Ge-||[Seite 13] baü, worein eine große Schulstube- nebst anderen für den Lehrer erforderlichen zimmeren sich befinden.

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?
IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Das Haupt Gebaü, muß vom Land unterhalten werden, kleine Flick Arbeit aber, wird aus dem Schulgut bezahlt.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

Meine Besoldung wird mir ganz in Geld bezahlt, und ich bekomme aus dem Schulgut baar fl. 300. und aus dem Kirchengut fl. 100. Hingegen wird aus dem Schulgut auch jährlich dem Pfr. bezahlt fl. 68. und an Helfer fl. 80.
Bey obbenannten Gehalt, bin auch noch verbunden bey denen Gottesdiensten, die Orgel zu schlagen.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?

Meine Besoldung wird mir ganz in Geld bezahlt, und ich bekomme aus dem Schulgut baar fl. 300. und aus dem Kirchengut fl. 100. Hingegen wird aus dem Schulgut auch jährlich dem Pfr. bezahlt fl. 68. und an Helfer fl. 80.
Bey obbenannten Gehalt, bin auch noch verbunden bey denen Gottesdiensten, die Orgel zu schlagen.

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Zum Beschluß, merke ich auch noch an, wie ich die Fehler meiner Zöglinge bestraffe, und Sie in diesem Fach behandle. Stecken und Rute (welch leztere mir unerträglich wäre) habe noch immer aus meiner Schule verbannet. Jch pflege meine Kinder theils durch Liebe zugewinnen theils durch Ehrbegierde zum Rechtthun anzufachen. Muß gestraft seyn; so stelle ich die strafbaren vor mich her, und beschäme sie, daß sie nun vor allen anderen Kinderen als Ungehorsame, hier ausgezeichnet stehen müßen. Jst ihnen ihr vergehen recht leyd, so laße ich sie bald wieder an ||[Seite 14] ihr Ort gehen, im gegentheil aber so lang stehen, bis sie erweicht sind, oder behalte sie nach der Schul, noch allein im Arrest; zuweilen finde gut, die Bestraffung eines Fehlers (um solchem den Schein von mehrerer Wichtigkeit zugeben) bis auf den folgenden Tag zuverschieben, und den Fehlerhaften, auch einige Tage, an sein Vergehen zuerinneren. Und auf diese weise habe noch immer mehr erzweckt, als wann derbe Schläge ausgetheilet hätte. Nur mache mir zur Pflicht, keine vergehungen ungeahndet vorbey gehen zu laßen, halte auf jedem Tisch einen Aufseher, und will meine Worte pünktlich befolgt wißen. Freylich bey so vielen Kinderen, von so verschiedener Erziechung, gibt es auch verschiedene Köpfe; Allein bey Kinderen von 7. bis 12. Jahren, herrscht dennnoch immer mehr Unwißenheit, als vorsezliche Bosheit. Erstere denke ich, muß ein Lehrer nach zu sechen, durch sanfte Erinnerungen zuberichtigen und leztere mit Klugheit zubestraffen wißen. Übrigens aber mache ich meinen Kinderen die Schul zu keinem Joch; sondern suche jedes Kind so zugewinnen; daß es so gerne mit mir, als mit einem seiner Gespielen redet. Schon oft sezte ich sie auch auf die Prob, ob sie lieber Feyrtag halten, oder in die Schul kommen wollen? ||[Seite 15] und mit vergnügen, wählten sie lezteres. Kurz! ich befleiße mich ihnen begreiflich zumachen, daß Sie mich nicht nur als ihren Lehrer förchten; sondern auch als ihren Freünd, der es am besten mit ihnen meyne, ehren und lieben müßen. zugleich laße mir auch eifrig angelegen seyn, ihnen bey allen Gelegenheiten eine tief fe Ehrfurcht gegen Gott, und Religion, Hochachtung und Gehorsame gegen die Obrigkeit, Eltern, Lehrer und vorgesezte, und aufrichtige Dienstfertigkeit gegen alle Menschen, einzuschärfen.
Noch soll auch beyfügen, daß alle Sonntage, eine Stunde vor dem Nachmittag Gottesdienst, sich die Kinder bey mir auf der Schul versammlen, wo sie verhöre was sie in der Kirche aufsagen müßen, und mit durchlesung irgend eines lehrreichen, und verständlichen Stücks aus dem neuen Testament, oder durch Gespräche ihnen diese Stunde nuzlich zumachen suche, und dann mit ihnen in die Kirche gehe.
So mühsam dieser mein Beruff ist; so gering mein Einkommen in vergleichung mit meinen Geschäften, welche doch wenigstens so viel Belohnung verdienten, daß meine Haushaltungs Ausgaben damit bestreiten könnte, das ||[Seite 16] bis dahin unmöglich war; Umso sehr ich Geschick und Anläße hätte, mir durch Handlungs Geschäfte, ein reichlicheres Auskommen zu verschaffen, so werde ich dennnoch vermuthlich meine übrige Lebenstage vorzüglich mit dieser Beschäftigung zubringen, überzeügt, daß meine Arbeit in diesem Fach Gott angenehm ist, und auch auf meine Mitbürgern, und vorzüglich ihre Nachkommen, gesegnete Wirkungen haben wird. GOTT GEBE ES!

Unterschrift

Zitierempfehlung: