Zürich (Transkription Nr. 253)

Schulort Zürich
Konfession des Orts: Reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1471, fol. 214-215v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Zürich
Distrikt 1799: Zürich
Agentschaft 1799: Zürich
Kirchgemeinde 1799: Zürich, Grossmünster, Zürich, Fraumünster, Zürich, Predigern, Zürich, St. Peter, Zürich, Heiliggeistkirche, Zürich, Kreuzkirche
Ort/Herrschaft 1750: Zürich
Kanton 2015: Zürich
Gemeinde 2015: Zürich
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Zürich (Niedere Schule, Knabenschule, reformiert)
25.02.1799

BEANTWORTUNG DER FRAGEN, ÜBER DEN ZUSTAND, DER DEÜTSCHEN SCHULE IN DER GRÖSSERN STADT ZÜRICH: oder in der I. & II.ten Section.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1Name des Ortes, wo die Schule ist.

Zürich.

I.1.aIst es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?
I.1.bIst es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?
I.1.cZu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?
I.1.dIn welchem Distrikt?

Zürich.

I.1.eIn welchen Kanton gehörig?
I.2Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.
I.3Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.
I.3.aZu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.bdie Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.aIhre Namen.
I.4.bDie Entfernung eines jeden.
II.10Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Ja drey: ältere; mittlere u: jüngste.

II. Unterricht.
II.5Was wird in der Schule gelehrt?

Allervorderst Gut und vernünftig — auf etwas Lateinisch Lesen u: auswendig Buchstabiren — Alles Gelesene, sey es ein Stük aus der Biblischen Geschichte oder Naturlehre u.s.w. wird analytisch behandelt, wobey dann der Lehrer den Anlaß nimmt, seinen Nützen, durch Erklärungen, Exempel u: Erzählungen, Liebe u. Ehrfurcht gegen Gott, Tugend, Regierung — Fleiß — Sittlichkeit, Ordnungsliebe, Reinlichkeit, u: Abscheü gegen Laster u: Gesezlosigkeit u.s.f. einzuprägen. Dieß geschieht Vormittags. Jn den Nachmittagsstunden werden erstlich moralische Erzählungen erst analytisch dann grammatisch traktirt; wobey der Schüler von jedem Worte muß Grund anzugeben wißen, warum es z.B: ein Haupt-Zeit-Beywort &c: seye, u: so seine Verstandeskräffte soll anwenden lernen. Nachher wird, entweder nach Vorschrifften, oder eine Schreibübung geschrieben, die der Lehrer den Fähigern dictirt, (die übrigen schreiben indeß eine Stelle aus dem Buch ab) dann corrigirt, nach Anzahl der Fehler besezt u: erklärt, dann Buchstabiren u: eine verbeßerte Abschrift machen läßt. Die Gedächtnißübungen sind: Catechismus — Sprüche H. Schrifft nach dem Waserbüchli — Gellertsche Lieder — Anfangsgründe der deutschen Sprachlehre.

II.6Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

||[Seite 2] Jm Sommer und Winter; die gewohnten Ferien, auch Donstags u: Samstags Nachmittag, wo aber Kinderlehr ist, ausgenommen

II.7Schulbücher, welche sind eingeführt?

1. Catechismus d.i. Unterricht wahrer christliche Religion, samt den Zertheilungen einer jeden Antwort u: Zeügnußen der Heiligen Schrifft, eingetheilt in XLVIII. O für die Jugend der Stadt u. Landschafft Zürich. Zürich bey Geßner, 1778. (kurz die Zeügnuß gentt.)
2. Lesebuch zur Bildung des Herzens u: Übung d. Aufmerksamkeit, für Kinder in mittlern Claßen &c. Herausgegeben von Joh. Rud: Steinmüller Pfarrer im Mühlehorn: Glarus bey Freüler: 1794.
3. Schul- u: Hausbuchlein; enthalten Gebette — Gellertsche Lieder — auserlesene Psalmen — lehrreiche Sprüche der Heil: Schrifft &c: von Pfarr: Felix Waser in Bischofzell: (daher das Waserbüchli genannt) 15te Auflage: Bischofzell, 1797.
4. Auszug aus dem lateinischen Deklinirbuch zur vorbereitenden Lesübung in den Deütschen Schulen. Zürich, 1793.
5. Die Biegungen u: Ausbildungen der deütschen Wörter, für die Realschulen: Zürich, 1793.

II.8Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Entweder können die Schüler die Vorschrifften vom Lehrer selbst haben; oder sich die vom Vorschreiber in den Lateinischen Schulen gestochenen anschaffen. Die fehlerhafften Wörter u. Buchstaben werden in Margine abgezeichnet und nachgeschrieben.

II.9Wie lange dauert täglich die Schule?

Sechs Stunden.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11Schullehrer.
III.11.aWer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

||[Seite 3] Der jeweilige oberste Schul Rath der deütschen Schulen; nach vorhergegangener Prüfung.

III.11.bWie heißt er?

Philipp Jakob Wolf.

III.11.cWo ist er her?

Von Zürich.

III.11.dWie alt?

Vierzig und ein Jahre.

III.11.eHat er Familie? Wie viele Kinder?

Drey Knaben und eine Tochter.

III.11.fWie lang ist er Schullehrer?

Zwey Jahre u: zwey Monate.

III.11.gWo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Privatlehrer.

III.11.hHat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Wegen schlechtem Einkommen ist er genöthigt, neben der Schule noch so viele Privatstunden als möglich zugeben; u. kann erst in den späthen Nachtstunden die Schreibübungen der Schüler, deren Zahl wöchentlich auf 80-100. steigt, corrigiren.

III.12Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Zwischen 40. bis 50. NB: die Knaben welche aus den untern od. Primarschuhlen in diese aufgenommen seyn wollen müßen das 7te Jahr erreicht haben, auch fertig lesen, Buchstabiren u. nach Vorschrifften schreiben können: diese Annahm geschiehet vor einer Commission des H. Schulraths.

III.12.aIm Winter. (Knaben/Mädchen)
III.12.bIm Sommer. (Knaben/Mädchen)
IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.aIst dergleichen vorhanden?

Für diese Schule ist keiner.

IV.13.bWie stark ist er?
IV.13.cWoher fließen seine Einkünfte?
IV.13.dIst er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Jeder Schüler bezahlt alle Fronfasten 10. Schilling.

IV.15Schulhaus.
IV.15.aDessen Zustand, neu oder baufällig?

Jst gut.

IV.15.bOder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

Es sind 4. Schulstuben da: nemlich 3. für die Kunstschule; u. die unterste u: finsterste für die deütsche.

IV.15.cOder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?

Der Lehrer — Dato nemlich der alte — hat freye Wohnung auf der Schule.

IV.15.dWer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Das Obmann Amt.

IV.16Einkommen des Schullehrers.
IV.16.AAn Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

|| [Seite 4] Fünf u: zwanzig Mütt Kernen
Fünfzehn Eimer Wein.
Neünzig u: fünf Gulden Geld
aus dem ObmannAmt u: Stifftsverwalterey.
Sechs Klaffter Buchenholz aus de, Sihlamt: welches aber diesmal die Municipalitaet nicht will abfolgen laßen, weil selbiges einen Theil des Stadtguts ausmacht. — und
4. Klaffter Tannenholz aus dem Frau Münster Amt.
NB: Dieses ganze fixe Einkommen ist dem, wegen ansteigendem Alter u: abnehmenden Kräfften vor zwey Jahren entlaßenen Lehrer: Hs. Rudolf Hagenbuch von Zürich; der 63. Jahre alt ist; zwey Töchter hat u. 30. Jahre lang in den Schulen fleißig gearbeitet hat, nebst freyer Wohnung auf der Schule Lebenslänglich geordnet worden.

IV.16.BAus welchen Quellen? aus
IV.16.B.aabgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.bSchulgeldern?
IV.16.B.cStiftungen?
IV.16.B.dGemeindekassen?
IV.16.B.eKirchengütern?
IV.16.B.fZusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.gLiegenden Gründen?
IV.16.B.hFonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Bemerkung.
Da hiemit dem jezigen Schullehrer, vom Fixen Einkommen Nichts zukömmt, sondern die sehr zufälligen, dermalen sich immer verminderden Accidenzien, als Namenstag u. Gutjahr &c. deren Betrag auf ca. 25. Louisdor steigen mag, sein ganzes Einehmen ausmachen; u: von der Vertröstung, Einst das Fixe zubekommen Nichts zuleben hat — so wird er — obschon der Unterricht der Knaben sein angenehmstes u. liebtes Geschäfft: er auch der Achtung sr: Vorsteher, der Liebe sr: Schüler u. des Zutrauens des Publikums versichert ist — wenn keine Unterstützung von Seite der hohen Regierung, oder sonst woher, ihm aufhilft, doch aus Noth gezwungen werden, seine Stelle zuquittiren. Jm nemlichen Fall ist auch der Lehrer der 2. deütschen Schule in der kleinern Stadt oder 3ten Section.

Unterschrift

Zürich den 25. Februar 1799.
Philipp Jakob Wolf öffentlich bestellter Lehrer an der deütschen Schule, in der größern Stadt.

Zitierempfehlung: