Oberägeri (Transkription Nr. 2151)

Schulort: Oberägeri
Konfession des Orts: katholisch
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1465, fol. 43-44v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Waldstätten
Distrikt 1799: Zug
Agentschaft 1799: Oberägeri
Kirchgemeinde 1799: Oberägeri
Ort/Herrschaft 1750: Zug
Kanton 2015: Zug
Gemeinde 2015: Oberägeri
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Oberägeri (Niedere Schule, katholisch)

10.11.1800

Da meine auf die vom Bürger Minister der Künsten, und Wissenschaften an die Schullehrer gestellten Fragen im verwichenen hornung {1799} ertheilten Antworten nicht mehr vorhanden sind, seither aber in dem hiesigen Schulwesen einige Abänderungen, und Verbesserungen getroffen worden, richte ich meine Antworten nach den jtzigen Umständen ein.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Heisst Ober Egery.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Es ist ein Dorf.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Es ist eine eigne Gemeine.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Zu der Kirchengemeine (Agentschaft) OberEgry.

I.1.d In welchem Distrikt?

Zu dem Distrikte Zug.

I.1.e In welchen Kanton gehörig?

Zu dem Kanton Waldstätten.

I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Jnnerhalb des Umkreises der nächsten Viertelstunde liegen 92. Haüser, in einigen sind mehrere Familien. Jnnerhalb des Umkreises der zweyten 40. Haüser. Jnnerhalb des Umkreises der dritten liegen 16. haüser. Jn der Entfernung einer Stunde 14 Haüser. Jn der Entfnernung von 5 Viertelstunden 10. Haüser. Ein und eine halbe Stunde sind entfernet 5. haüser.
Unter den gemelten haüsern sind 10 jenseits des Sees gelegen. Weilen die Kinder ein Schiff zu lenken oder zu schwach, oder unerfahren sind, oder in dem Winter wegen dem Eise über den See zu schiffen denselben unmöglich ist, müssten sie einen Umweg von 2. Stunden machen, wenn sie die hiesige Schul besuchen wollten.

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

Sind das eigentliche Dorf genannt OberEgery, das Mitler dorf, das Ried, die Strählgass, und noch mehrere Haüser im Umkreise; diese sind alle dem Schulhause sehr nahe gelegen. — Wohnhaüser überhaupt sind 31: Haüser mit Höfen 146. — Alle Nämen solcher Höfe hier beyzusetzen ist mir unmöglich, weilen ich nicht von hier nicht gebürtig bin, und sehr vieler weit entlegener zerstreüter höfe eigentliche Benennungen {mir} ganz unbekannt sind.

I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und

Aus dem Dorfe, Mitlerndorf, Ried, Strählgasse, und aus dem Umkreise zerstreüter Haüser, die eine viertelstunde, oder eine kleine halbe Stunde vom Schulhause entfernet sind, besuchten die Schul im letzten Jahre Kinder bis 82.
Aus entferntern höfen, und Gegenden 24. Kinder als:
* Schwand 3 Kinder entfernt eine Stund.
Obertannen 2. Kinder entfernt eine kleine Stund.
Ruten 2. Kinder entfernt eine kleine Stund.
Malosen 2. Kinder entfernt 3 viertel Stund.
Oberschwendj 1. Kind entfernt 3 viertel stund.
Zwischen Bäch 2. Kinder entfernt 3 viertel stund.
Bietenberg 1. Kind entfernt eine kleine Stund.
Rämsli 1. Kind entfernt eine klein Stund.
Haselmatt 1 Kind entfernt eine Stund.
Grindel 2. Kind 5 Viertel stund,
Teüfstetzi 2. Kind 3/4 stund,
Matli 1. Kind dreyviertelstund,
Tannen 2. Kind eine grosse 1/2 Stund.
Riedmattli 2. Kind eine grosse 1/2 Stund. **

I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

||[Seite 2] Eine einzige Schule ist der hiesigen so nahe gelegen:

I.4.a Ihre Namen.

Heisst Unter Egery, oder wird auch Wylen genannt.

I.4.b Die Entfernung eines jeden.

Eine halbe Stunde.
Zu bemerken; die Bürger hiesiger Pfarrgemeinde von Hauptsee, deren Bevölkerung sich auf 220. Seelen belaufet, und wegen der allzugrossen Entfernung von dem hiesigen Schulhause vormals auf ihre eigenen Kosten einen Schullehrer unterhalten haben sind dem Schulhause in der Pfarrgemeinde Sattel des Distrikts Schweitzs auf eine viertel, halbe, und drey viertelstunde nahe.

II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Die Kinder werden gelehrt lesen, schreiben, rechnen, gute Sitten, und die Relligion. Die Knaben, deren Aeltern es verlangen, werden auch in den Anfangsgründen der lateinischen Sprache unterwiesen, welches aber wegen der grossen Anzahl der Kinder, und andern Unregelmässigkeiten fast unmöglich mit gutem Erfolge geschehen kann. Eben so wird in der Musik Unterricht ertheilet.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Die Schule wird im Winter, und zum Theile auch in dem Sommer gehalten.
Von dem Anfange des Wintermonats bis an das Ende des Augst.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Jn dem letzten Schuljahre wurden die Normalbüchlein von St: Urban eingeführt, und der Konstanzer Kathechismus in drey Klassen abgetheilt. Nach gründlich erlerntem gedrucktem Lesen werden verschiedene handschriften unter die Kinder ausgetheilet. Für die lateinische Sprache, wird gewöhnlich die Einsiedler Grammatik vorgeschrieben.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Die Schulkinder bringen das nöthige Papier, auf welches dann ihnen nach der Normalvorschrift von St: Urban Stuffenweise das nöthige hingeschrieben wird.

II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Die Schule dauert von dem Anfange des Wintermonats bis an das Ende des Aprills Vormittag zwo und Nachmittag zwo Stunden lang; von dieser Zeit aber bis Ende Augusts nur Vormittag 2 Stunden lang. Das ganze Schuljahr hindurch wird eine Stunde lang in der Musik Unterricht ertheilet. An jedem Donnerstag in der Woche ist Rasttag.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Jm letzten Schuljahre sind die Kinder in Klassen eingetheilet worden. — Da aber die hiesigen Bürger nach alter unumschränkter Freyheit ihre Kinder in die Schul schicken, und wieder zu hause behalten, wenn sie wollen, und so fast 3. Monate nacheinander wochentlich einige Anfänger die Schul besuchten, andere wieder eine Zeitlang ausblieben und weder Bürger Pfarrer, weder ich dieser Unregelmässig-||[Seite 3] keit abhelfen könnte, so mussten die Klassen so sehr sich anhaüfen, dass ich unmöglich mit einigem Erfolge hätte arbeiten können, wenn nicht Bürger Kaplan Jten aus Freündschaft den ganzen Winter durch wäre verhilflich gewesen. — Jn diesem Jahre stehet mir die nemliche Anordnung im Wege, mit dem grossen Unterschiede aber, dass ich einzig arbeiten soll.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Die Pfarrgemeinde.
Durch die Mehrheit der Stimmen wahlfähiger Bürger.

III.11.b Wie heißt er?

Mein Taufname ist Johann Joseph Sylvan, der Geschlechtsname heisst Schicker.

III.11.c Wo ist er her?

Jch bin ein Helvetier, aus dem Kanton Waldstätten, des Distrikts Zug, von der Gemeinde Baar.

III.11.d Wie alt?

Den 5ten Brachmonat im Jahre 1750 bin ich gebohren.

III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Jch hab eine haußhalterin.
Keine.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

Den 5ten Brachmonat im Jahre 1773. bin ich erwählet worden.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Gerade vorher war ich zu Freyburg in Uechtland als Student. Jzt bin ich ein Priester.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Ja! sehr viele.
Jch muss das ganze Jahr hindurch alltäglich die Fruhmesse halten, dann wieder den vor- und nachmittägigen Gottesdiensten beywohnen, bey Choral, und figural Musick die Orgel schlagen, oder im Chor singen; als der erste Kaplan dem Pfarrer in Predigten, Christlichen Lehren, taufen, verwahren, Besuchung der Kranken, Auströstung der Sterbenden, so viel nöthig, verhilflich seyn. versteht sich, auch täglich das Brevier bethen.

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Jm letzten Jahre besuchten die Schul 106. Kinder. Wenn alle Kinder in die Schul zu gehen sollten angehalten werden, würde ihre Anzahl über die 200 sich erstrecken. — Nebst deme hat die ganze Pfarrgemeinde Unter Egery das Recht ihre Kinder in die hiesige Schule zu schicken, welches aber selten geschieht.
Wie möglich für einen einzigen Schullehrer bey einer so grossen Anzahl der Kinder, und so vielen hindernissen dieselben in einige wenige Klassen einzutheilen mit erwünschtem Nutzen zu arbeiten? Meines Erachtens ist bey der besten Einrichtung einem einzigen Lehrer bey so grosser Menge der Kinder noch nicht alles möglich. — An den Unterricht in der lateinischen Sprache ist nicht einmal zu gedenken, oder der Erfolg kann kaum ein anderer seyn als: in allem etwas, und in dem ganzen Nichts.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)

Jm letsten Jahre besuchten die Schule Knaben gerade 60. an der zahl. Mädchen aber 46.

III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)

Knaben? 25. Einige blieben aber oft aus.
Mädchen? 13. verhareten aber nicht alle bis an das Ende, und blieben mehrmalen aus.

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?

||[Seite 4] Es ist einer vorhanden.

IV.13.b Wie stark ist er?

Er ist gar nicht stark, sonder sehr gering, und stehet mit der grossen Mühe, und Arbeit, und dem damit verbundenen Verdrusse kaum in einigem Verhältnisse.

IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?

Sie fliessen theils aus Stiftungen, theils aus der leeren Gemeindskasse.

IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Er ist mit dem Kirchengute vereiniget, aussert was die Gemeinde bezahlt.

IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Schulgeld ist keines eingeführt; die Schulkinder sind einzig verbunden in dem Winter das nöthige Holz zur Einheitzung der der Schulstube her zu bringen.

IV.15 Schulhaus.
IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?

Das Schulhauß ist nicht alt, ein ganz besonderes Gebaüde, und noch in gutem Zustande: im letst verwichenem Jahre wurden neüe Stuele, oder Bänke errichtet; es mangeln aber noch 3. Fenster auf den Seiten, damit das nöthige Licht sich verbleiben kann. Der Raum für so viel Kinder wie im letsten Jahr ist wirklich auch ein wenig zu eng. — Oberhalb der Sch gewöhnlichen Schulstube ist noch eine kleine Stube, und unterhalb derselben ein Keller dem Boden eben, welcher mit Kosten ebenfahls zu einer Schulstube könnte eingerichtet werden.

IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?

Die Antworten auf die Fragen b, und c geben sich aus der obigen.

IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Die Pfarrgemeinde. Vor einigen Jahren aber wurde solches der Kirche aufgedrungen, doch hat in dem letzten {Jahr} die Gemeinde die neüen Einrichtungen veranstaltet, und bezahlt. — Sonst ist ein Kirchmeyer dazu verordnet, welchem die Bürger Munizipalen bey wichtigern Vorfällen den Auftrag machen.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

An Geld? Die Antwort unten bey der Frage h.
Getreide? Nichts.
Wein? Auch nichts.
Holz? Wieder nichts.

IV.16.B Aus welchen Quellen? aus

Aus dem Gemeindgute, und verschiedenen kleinen Zinsposten, welche der Schullehrer oft mit Gefahr zu verlieren, und Kosten jährlich selbst eintreiben muss.

IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?

Hat der hiesige Schullehrer nie was bezogen, durch die Abschaffung also auch nichts verloren.

IV.16.B.b Schulgeldern?

Nichts, wie schon beantwortet oben (14)

IV.16.B.c Stiftungen?

Die Antwort unten litt: h.

IV.16.B.d Gemeindekassen?

10. gl. und 1 gl. 5 ß. wegen Einheitzung der Schulstube im Winter.

IV.16.B.e Kirchengütern?

Wird sich zeigen unten litt: h.

IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?

Gar nichts.

IV.16.B.g Liegenden Gründen?

Auch nichts.

IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)

Die Fond, wie aus der Beantwortung der Frage (13. litt: d: ) zu sehen, sind mit dem Kirchengute vermischet; das ganze Einkommen aber beträgt mehr nicht als 50. gl.

Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Jzt noch eine kleine Anmerkung. Bey so geringen Einkünften werden die Geistlichen hier vorzüglich mit Einquartirungen und zwar von Offizien beschweret, viele, sowie ich, haben nur eine Wohnstube, dadurch wird man gehindert auf die Predigten gehörig sich vorzubereiten, der Unterricht in der Schule wird gehemmet, und unterbrochen, weilen man das hauß bewachen muss, damit man sich nicht der Gefahr aussetzen werden aus und einlaufenden Soldaten des seinigen beraubet zu werden.
Das bedürfniss des Unterrichts in der Religion, und der Jugend sollte also, wie ich glaube, dem Geistlichen, besonders den Schullehrern eine Ausnahm von Einquartierung gewähren.

Unterschrift

Republikanischer Gruß und Achtung
Ober Egery den 10ten Winterm. 1800 Joseph Sylvan Schicker Kaplan und schullehrer

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