Steinebrunn (Transkription Nr. 65)

Schulort: Steinebrunn
Konfession des Orts: gemischt konfessionell
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1463, fol. 39-40v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Thurgau
Distrikt 1799: Arbon
Agentschaft 1799: Winzelnberg
Kirchgemeinde 1799: Arbon
Ort/Herrschaft 1750: Gemeine Herrschaft Thurgau (Gerichtsherrschaft des Konstanzer Bischofs)
Kanton 2015: Thurgau
Gemeinde 2015: Egnach
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Steinebrunn (Niedere Schule, katholisch)

08.03.1799

Freiheit Gleichheit Beantwortung der an die Schul-Lehrer gestellten Fragen.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1 Name des Ortes, wo die Schule ist.

Steinenbrunn.

I.1.a Ist es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Es ist ein Dorf.

I.1.b Ist es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Es ist in der grossen Gemeind Egnach, wo der katholische Antheil etwan den 8 ten Mann ausmachet.

I.1.c Zu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Steinebrunn ist ein Filial zur Pfarr Arbon, 7 Viertelstund davon entfernet, im District Arbon , Agentschaft Weizelenberg, Canton Turgäu.

I.1.d In welchem Distrikt?
I.1.e In welchen Kanton gehörig?
I.2 Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Steinebrunn hat 5 Häüser Schulkinder dermalen 2.
Winzelenberg hat 2 Haüser Schulkinder dermalen — Entlegen 1 Viertl: Std
Ollmishausen hat 2 Häüser Schulkinder dermalen 2: Entlegen 1 1/2 V: Stund
Waldershaus hat 3 Häüser Schulkinder dermalen 2. Entlegen 1 1/2 V: Stund
Herzogs Baach hat 1 Haus Schulkinder dermalen — Entlegen 2: V: Stund
Lohen hat 1 Haus Schulkinder dermalen — Entlegen 3: V: Stund
Meistershüßlen hat 2 Häüser Schulkinder dermalen — Entlegen 3: V: Stund
Kügeliswenden hat 1 Haus Schulkinder dermalen — Entlegen 1. Stund
Erdhausen hat 22 Häüser Schulkinder dermalen 13: Entlegen 1 1/2 V: Stund

I.3 Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.
I.3.a Zu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.b die Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4 Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.

Katholischer Seits ist bis auf Arbon keine Schul zum Canton Thurgäu gehörig, Romishorn ausgenohmen, welches aber auch eine Stund weit entlegen.

I.4.a Ihre Namen.
I.4.b Die Entfernung eines jeden.
II. Unterricht.
II.5 Was wird in der Schule gelehrt?

Lesen, Schreiben, Religions-Unterricht.

II.6 Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Von St: Martini bis Georgen Tag.

II.7 Schulbücher, welche sind eingeführt?

Keine vorgeschrieben ausser dem Dioecesan Katechissmus.

II.8 Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?
II.9 Wie lange dauert täglich die Schule?

Beiläüfig 5 Stunde.

II.10 Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Nein.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11 Schullehrer.
III.11.a Wer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

||[Seite 2] Dieser ist laut Stiftung der Beneficiat selbsten.

III.11.b Wie heißt er?

Marquard Joseph Rorschach.

III.11.c Wo ist er her?

Von Arbon.

III.11.d Wie alt?
III.11.e Hat er Familie? Wie viele Kinder?

Er ist katholischer Religion, hat eine Dienst-Magdt.

III.11.f Wie lang ist er Schullehrer?

So lang er auf der Pfrund ist 23 Jahr.

III.11.g Wo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Jn der Abbtey Reichenau gegen 4 Jahr.

III.11.h Hat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Das Schul halten ist nicht meine erste, sondern nur meine zweyte Beschäftigung, und bin ich zum Schul halten nur alsdan verpflichtet, wenn ich von meinen Berufs-Beschäfftigungen nicht legitime gehindert bin: Denn ich bin Seelsorger, habe alle Sonntäg zu predigen, Catechizieren, die Kranken zu verwahren, zu besuchen etc:

III.12 Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?

Dermalen 20, wovon 15 Knaben 5 Mägchen.

III.12.a Im Winter. (Knaben/Mädchen)
III.12.b Im Sommer. (Knaben/Mädchen)
IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13 Schulfonds (Schulstiftung)

Keiner. Jch habe für mein ganzes Pfrund-Einkommen jährlich fl. 297, und für das Schulhalten gar Nichts besonders.

IV.13.a Ist dergleichen vorhanden?
IV.13.b Wie stark ist er?
IV.13.c Woher fließen seine Einkünfte?
IV.13.d Ist er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?
IV.14 Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

Wird keines gegeben, könnte auch keines gegeben werden, alles ist Arm.

IV.15 Schulhaus.

Jst das Beneficiat-Haus, und zwar meine einzige Wohn Stuben selbsten, Freilich ware anfänglich eine besondere Stuben zur Schul gewidmet, die aber dermalen so zerrüttet, dass selbe mit fl. 130 nicht könnte hergestellt werden. Zudeme woher müßte der Beneficiat bey diesen Zeiten das so theüre Holz anschaffen? wie das Pfrund Haus, also müßte auch die Schul-Stuben von dem Capital der Pfrund selbsten repariert werden, so ergiebig aber ist der Fundus nicht.

IV.15.a Dessen Zustand, neu oder baufällig?
IV.15.b Oder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.c Oder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?
IV.15.d Wer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Jst das Beneficiat-Haus, und zwar meine einzige Wohn Stuben selbsten, Freilich ware anfänglich eine besondere Stuben zur Schul gewidmet, die aber dermalen so zerrüttet, dass selbe mit fl. 130 nicht könnte hergestellt werden. Zudeme woher müßte der Beneficiat bey diesen Zeiten das so theüre Holz anschaffen? wie das Pfrund Haus, also müßte auch die Schul-Stuben von dem Capital der Pfrund selbsten repariert werden, so ergiebig aber ist der Fundus nicht.

IV.16 Einkommen des Schullehrers.
IV.16.A An Geld, Getreide, Wein, Holz etc.
IV.16.B Aus welchen Quellen? aus
IV.16.B.a abgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.b Schulgeldern?
IV.16.B.c Stiftungen?
IV.16.B.d Gemeindekassen?
IV.16.B.e Kirchengütern?
IV.16.B.f Zusammengelegten Geldern der Hausväter?
IV.16.B.g Liegenden Gründen?
IV.16.B.h Fonds? Welchen? (Kapitalien)
Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers

Die Haltung der Schul ist einem Beneficiaten bey Errichtung der Pfrund und desswegen beygegeben worden, weilen schon dortzumalen der vorhandene Fundus nicht hinlänglich ware einen eigenen Schul-Lehrer zu besolden, noch viel weniger aber ist er anjetzo hinlänglich.
Schon zweymalen, seit ich Lehrer bin, da ich einsehe, dass die liebe Jugend in dieser Verfassung nichts lernen kann, machte ich mit dem fast ganzen Gemeindlein bey unsern ehemaligen Obern demüthige Vorstellung, dass doch die Schul von Steibrunn hinweggenohmen, und naher Erdhaussen translociert werden möchte, die Gründe waren folgende.
||[Seite 3] 1. Bis 30 Schulfähige Kinder befinden sich dermalen in Erdhausen, und selbiger sehr nahen Gegend, und nur 6 oder 7 in Steinebrunn und selbiger Nähe.
2. Bey unsren katholischen sehr zerstreuten Gemeindlein herschet eine wahre drückende Armut, Eltern begierden dan die Schul in Erdhausen zu haben, damit alle Täg ihre Kinder nach geendigten Schul: Stunden gleich wiederum zu dem Spinnrocken hinsetzen können, um für die Haushaltung noch den eint- und anderen Kreützer verdienen zu können.
3. Der Weeg der Schul Kinder naher Steinebrunn geht durchgehens über die Felder, welche zur Winters- auch Frühlingszeit sehr tief, für erwachsene beschwerlich, also für Kinder fast ungangbar sind; wenn dan die arme Eltern mangen Bissen Brod ihrem hungerigen Mund abzubrechen genötiget, um ihre Kinder wieder Kälte und Nässe schützen zu können, wenn sie selben nur ein einziges Päärlein: s: h: Schuh und Strümpf, und zwar einige nur mit Bettlen anzuschaffen wissen, was Weehe muss nicht der Eltern Herzen beklemmen, da Sie sehr armmen, dass diese einzige Kleidungs-Stücke ihrer Kindern in wenig Tägen wegen Rauhe der Witterung ganz abgenutzet, zerrissen, und zerfetzet sind?
4. Schon zwey Winter weiss ich, dass wegen tief eingefallenem Schnee kein Kind, kein einziges Kind in die Schul gekommen, und unmöglich in die Schul hat kommen können.
5. Eben zur Winters-Zeit habe ich am meisten entfernte Kranken, auf ein halbe, 3 Viertel- und auch Stund weit, die ich wo nicht alle Täg, doch alle anderte Täg zu besuchen die Obligenheit habe. Da ich dan nicht erst nach geendigten SchulStunden mich zu denselben begeben kann, um nicht von dunkler Nacht überfallen zu werden, als bin ich genötiget die Schul frühezeitig abzukürzen, oder gar zu unterlassen.
6. Viele Schul-Täg fallen von sich selbsten hinweg, als alle Fasten-Freitäg, an denen ich mich vi Obligationis zu Arbon einzufinden habe — die halbe Charwochen - wenn ich etwann von einem angrenzenden Pfarrhh: zu einer Leiche Begängniss oder sonsten zu einer geistlichen Funktion beruffen werde; wenn etwan eine EheCopulation vorgehet — wenn ich einen Besuch von einem Geistlichen empfange, oder ich mich selbsten zu einem solchen notwendig zu verfügen habe.
7. Nicht nur ein - sondern mehrmalen trägt es sich zu, dass ich gleich nach der Messe in die Ferne zu verwahren beruffen wird, und alsdann können die Kinder, ohne die Schul benutzen zu können, ihren weiten Weeg zurückkehren, woher sie mit Beschwerlichkeit gekommen. ||[Seite 4] Diese Gründe sind bey unsern ehemaligen Obern alle eingegeben worden mit feüriger Bitte, die Schul zum Besten der Jugend, und des gemeinen Weesens naher Erdhausen, wo fast alle Kinder wohnen, zu übersetzen; Die Gründe wurden alle in ihrer Kraft genemmiget, nur ein eitler Reputations -Streitt ware Ursach, dass wir in der Bitte nicht sind erhöret worden Das bedaure ich anjetzo, dass ich dermalen weder genugsamme Quellen findete einen Schul-Lehrer besolden zu können, noch selbsten einen Mann aus unserm Mittel wußte, der zu diesem Werke gewachsen seyn dörfte.

Unterschrift

Gruss und Achtung Steinebrunn 8. Merz 1799 Bürger Marquard Joseph Rorschach Benefitziat

Zitierempfehlung: